Wie die Uroma den Nazis zum Opfer fiel
27.01.2018
Gegen Rassismus, für eine friedvolle Zukunft: Die Schülerinnen und Schüler sangen jüdische Lieder. - FOTO: GUTZEIT
Gedenktag: Giulia Turek erzählt vom Leben und Leiden ihrer Vorfahren.
Hillerheide. (ksc) Heute vor 73 Jahren befreite die Rote Armee das Konzentrationslager Auschwitz. Weltweit gedenken Menschen der Opfer des Nationalsozlallsmus. Giulia Turek denkt dabei an einen besonderen Menschen: Ihre Uroma Emma Schlewitz. „Das Leid ist für mich und meine Familie noch heute spürbar", sagt sie.
Schon gestern fand die Gedenkfeier der Stadt in ihrer Schule, dem Alexandrine-Hegemann-Berufskolleg, statt. Im Tenor waren sich alle Festredner einig: „Die Geschichte darf sich nicht wiederholen, nie wieder", betonte Regina Jacobs vom Bistum Münster, dem Träger der Schule. Bürgermeister Christoph Tesche fügte hinzu: „Was wir schuldig sind, ist es, uns zu erinnern, zu gedenken und zu mahnen." Und dafür wurde die Alexandrine-Hegemann Schule mehrfach gelobt.
Für Giulia Turek hat die Veranstaltung eine besondere Bedeutung. Sie darf die Geschichte ihrer Uroma erzählen: „Jeder weiß, was den Juden von den Nationalsozialisten angetan wurde, aber kaum jemand weiß, dass sie seit 1933 medizinische Experimente an Menschen mit Behinderung durchgeführt haben." Im November 1935 wurde Emma Schlewitz von Herne in die „Provinz- und Heilanstalt Warstein" abtransportiert. Unter ihrem Herzen trug sie Giulias Oma, die schließlich in der Anstalt zur Welt kam und überlebte. „Es hieß, dass meine Uroma unter Depressionen und Schizophrenie litt", erklärt ihre Urenkelin. Verwandte erinnern sich hingegen an Emma Schlewitz als liebe junge Frau.
„An den Folgen ihrer Unterernährung starb sie am 23. Dezember 1941 in der Landesheilanstalt Eichberg", erzählt Gabriela Macagnino, Giulias Tante. Erst vor dreieinhalb Jahren schafft es die Familie, das Schicksal aufzuarbeiten. „Wir hatten Angst vor der Wahrheit, es war einfach zu schrecklich", so Gabriela Macagnino. 2014 fährt sie schließlich nach Warstein, um sich der Vergangenheit zu stellen. In der Treise-Kapelle, einer Gedenkstätte für Euthanasie-Opfer, wurde sie fündig. Die Namen der Opfer hängen auf Täfelchen in der Kapelle. Angehörige dürfen sie mitnehmen und so ein ewiges Licht entzünden. Direkt auf Augenhöhe entdeckte Macagnino den Namen ihrer Oma: „Wir haben sie nach Hause geholt."